Pressespiegel

18. November 2019
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Ein Filmfestival in der Mongolei

Freiwilligendienst, Workcamp, Jobben, Au-pair: Es gibt viele Möglichkeiten, nach dem Abi internationale Arbeits- und Lebenserfahrung zu sammeln. abi» gibt Tipps zur Vorbereitung deines Auslandsaufenthalts.

So anders und fremd wie möglich sollten Land und Kultur sein, sagte sich Ben Rangnick, als er ein Jahr vor seinem Abi mit der Suche nach einem Freiwilligendienst begann: „Ich wollte so viel wie möglich erfahren und lernen.“ So kam es auch: Der heute 20-Jährige Philosophiestudent machte einen „kulturweit“-Freiwilligendienst im Goethe-Institut in Ulan Bator, Hauptstadt der Mongolei.

Etwa zwölf Monate vor seiner Ausreise hatte er mit der Bewerbung begonnen, sein Schulzeugnis eingereicht und Fragen zu Motivation, Fähigkeiten und Präferenzen bezüglich Regionen und Einsatzbereichen beantwortet. Es folgten eine Vorauswahl durch das kulturweit-Team der Deutschen UNESCO-Kommission und eine finale Auswahl durch die Partnerorganisationen. Ben Rangnick erhielt ein Platzierungsangebot für das Goethe-Institut in Ulan-Bator, führte ein Telefoninterview mit der Einsatzstelle - und wurde angenommen. Ein Jahr blieb er in der Kulturabteilung, nach etwa acht Monaten konnte er eigene Projekte betreuen, organisierte den Besuch eines deutschen Regisseurs zu einem Filmfestival und durfte an einem Förderantrag zur Gründung eines Fotografiestudiengangs mitarbeiten.

Auch lernte er Land und Leute kennen – und deren Probleme: Die Kluft zwischen Arm und Reich, Inflation, Korruption, Smog. „Diese Phänomene haben mich dazu bewogen, im Nebenfach VWL zu studieren: Ich möchte lernen, sie zu verstehen und zu analysieren, um später daran arbeiten zu können, sie zu beheben – egal wo in der Welt“, sagt Ben Rangnick.

Dschungel an Angeboten

Kultur, Entwicklungspolitik, Naturschutz, Sport, Bildung – es gibt viele Bereiche, in denen man einen Internationalen Freiwilligendienst absolvieren kann. Und das auf allen Kontinenten, organisiert von zahlreichen Veranstaltern. Von einem „Dschungel an Angeboten“ spricht Annette Westermann, Projektkoordinatorin beim europäischen Jugendinformationsnetzwerk Eurodesk. Deswegen sei es wichtig, zirka ein Jahr vor dem Abi mit der Recherche zu beginnen, zumal je nach Anbieter die Bewerbungsfristen früh und die Plätze begrenzt sind.

Es gibt zwei Kategorien: Die geförderten und gesetzlich geregelten sowie die nicht-geförderten Freiwilligendienste. Die gesetzlich geregelten, wie das Europäische Solidaritätskorps, oder der Internationale Jugendfreiwilligendienst werden beispielsweise von der EU, beziehungsweise dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziell gefördert. Bei solchen Diensten müssen sich die Freiwilligen in der Regel nur mit einem geringen Betrag beteiligen. Das Kindergeld wird weitergezahlt. Ein bereits zugesagter Platz in den bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen wie Medizin oder Pharmazie bleibt bestehen.
Gesetzlich geregelt bedeutet, dass Dienste, Träger und Einsatzstellen bestimmte Bedingungen erfüllen. So muss die Versicherung gewährleistet, die Arbeit gemeinnützig sein sowie die Bildung im Vordergrund stehen. „Die pädagogische Begleitung ist sehr wichtig“, betont Annette Westermann. Dazu gehört vor der Abreise ein Vorbereitungsseminar, um Fragen zu klären und Infos über das Leben im Zielland zu erhalten. Im Nachgang finden Veranstaltungen für Rückkehrer statt, wo sie das Erfahrene reflektieren können.

Auf Seriosität achten

„Die gesetzlich geregelten Dienste sind Langzeitdienste, denn man ist meist mindestens sechs Monate im Ausland“, erklärt Annette Westermann. Die nicht-geförderten Dienste entsenden auch kürzer, die Bewerbungsfrist endet oft später, die Kosten müssen selbst getragen werden und: „Das Kindergeld wird nicht unbedingt weitergezahlt, da der Bildungsanspruch nicht immer nachgewiesen werden kann.“ Wer sich für einen solchen Dienst entscheidet, solle unbedingt darauf achten, dass die Organisation seriös ist, rät Annette Westermann. Kriterien dazu werden auf www.rausvonzuhaus.de/serioese-organisationen erklärt.

Vor allem warnt sie vor bestimmten Angeboten im Bereich des Voluntourismus, bei dem ein kurzer sozialer Dienst mit Urlaub verbunden wird. „Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, doch man muss gut recherchieren, wofür das Geld verwendet wird und ob man mit seinem Einsatz wirklich Gutes tut“, sagt sie. Eurodesk rät generell von kurzfristigen Einsätzen in sozialen Projekten, speziell der Arbeit mit Kindern, in sogenannten Entwicklungsländern ab.
Unterstützerkreis aufbauen

Da auch bei staatlich geförderten Angeboten meist noch Kosten anfallen, rät Annette Westermann dazu, einen Unterstützerkreis aufzubauen: Durch Spenden oder Aktionen wird Geld gesammelt, im Gegenzug verpflichten sich Freiwillige, die Unterstützer über ihren Einsatz zu informieren. Der Vorteil: „Man beschäftigt sich früh mit seinem Aufenthalt, die eigenen Erfahrungen werden wahrgenommen und man wirbt für das Projekt, bei dem man sich engagiert“, weiß Annette Westermann.

Neben den Freiwilligendiensten gibt es natürlich noch andere Wege, um nach dem Abi ins Ausland zu gehen: beispielsweise Sprachreisen, Au-pair-Programme und Workcamps, also Kurzzeitfreiwilligendienste, bei denen Menschen aus aller Welt für einige Wochen zusammen gemeinnützig tätig sind. Praktika oder ein Work & Travel-Aufenthalt sind eine Mischform aus Arbeiten und Reisen.

Absoluter Mehrwert

Michael Hümmer, Berufsberater bei der Agentur für Arbeit in Fürth, rät dazu, möglichst über eine Organisation ins Ausland zu gehen. Diese kümmere sich um grundlegende Dinge wie rechtliche Voraussetzungen, Arbeitserlaubnis und Sozialversicherung. Wer jobben wolle, also auf eigene Faust unterwegs sei, müsse sich im Vorfeld gründlich über Land, Kultur und Arbeitsbedingungen informieren. Das gelte vor allem bei Aufenthalten in Nicht-EU-Ländern. „Innerhalb der EU kann man im Rahmen der Freizügigkeit unkomplizierter jobben“, erklärt Michael Hümmer.

Reisetipps liefert die „APP ins EU-Ausland“ vom Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland. Voraussetzung für einen internationalen Aufenthalt seien grundlegende Kenntnisse in der Sprache der Zielregion sowie sichere Englischkenntnisse.

Für die Zukunft sei ein solcher Aufenthalt ein absoluter Mehrwert: „Er macht sich in jeder Bewerbung gut.“ Nicht nur, weil man berufspraktische Erfahrungen gesammelt und die Sprachkompetenz geschärft hat, sondern auch, weil man sich persönlich weiterentwickelt. Die Zeit nach dem Abi sei der perfekte Moment für eine solche Auszeit, betont Michael Hümmer. Um die Welt – und sich selbst – besser kennenzulernen.

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