3 Fragen für
Johanna Wahl

Freiwillige in Ulaanbaatar, Mongolei

Johanna Wahl

3 Fragen zum nachhaltigen Reisen

Der weltweite Tourismus boomt, allen Krisen zum Trotz. Für die Vereinten Nationen ein Grund, sich 2017 zu fragen, wie wir reisen.

Das internationale Jahr des Tourismus für nachhaltige Entwicklung bewegt auch kulturweit. Auf Festivals in ganz Deutschland machen kulturweit-Alumni Halt, um darüber zu sprechen, wie wir fair reisen können.

Darüber, ob Tourismus überhaupt nachhaltig sein kann, sprachen wir mit Johanna Wahl, die ein halbes Jahr als kulturweit-Freiwillige in der UNESCO-Nationalkommission der Mongolei gearbeitet hat.
 

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Johanna, kann Tourismus überhaupt nachhaltig sein?


Johanna: Kann er durchaus, aber gerade der Massentourismus ist es nur selten. Es kommt darauf an, wie ich Tourismus betreibe: Mache ich eine Radtour, oder fliege ich an ein weit entferntes Ziel? Aber das betrifft nur meinen ökologischen Fußabdruck. Daneben gibt es noch den kulturellen Aspekt von Nachhaltigkeit und auch die soziale und wirtschaftliche Seite spielen eine Rolle. Wenn Tourismus beispielsweise zu höheren Löhnen beiträgt und dadurch die soziale Situation von Menschen verbessert, hat er auch nachhaltige Effekte. Wichtig dabei ist, keinen der vier Bausteine aus den Augen zu verlieren. Reisen haben immer Einfluss auf die Umwelt und andere Menschen. Wichtig ist unser Umgang damit. Wenn ich Flugreisen vermeiden kann, sollte ich das tun. Kann ich das nicht, sollte ich mir Gedanken darüber machen, wie ich meinen Alltag ansonsten möglichst umweltverträglich gestalten kann. Wenn ich als Tourist*in unterwegs bin, ist das für mich eine Ausnahmesituation. Und auch darüber sollte ich mir im Klaren sein, um den Menschen, deren Zuhause ich besuche, respektvoll zu begegnen. Denn sie sind nicht die Kulisse meines Urlaubs.

"Ich möchte die Gegend, in die ich reise, besser verstehen."

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Du warst kulturweit-Freiwillige. Welche Verantwortung bringt das auf Reisen mit sich?


Johanna: Die kulturweit-Seminare haben mir noch einmal deutlich gemacht, welche Verantwortungen Reisen mit sich bringt. Sie haben mir wichtige Denkanstöße gegeben und einen Prozess in Gang gesetzt, der nicht immer bequem ist. Es ist nicht mehr so einfach, einen Flug zu buchen, weil mir bewusst ist, welche Auswirkungen und vor allem negativen Effekte der auf meine Umwelt hat. Die kann ich nun nicht mehr ignorieren. Spannend ist natürlich zu schauen, was das für einen Freiwilligendienst als besondere Form des Reisens heißt. Auf der einen Seite bewegen sich da jedes Jahr hunderte Menschen durch die Welt, fliegen, fahren Bus oder Bahn. Auf der anderen Seite leben die Freiwilligen sehr lang an einem Ort und haben die Chance, einen Austausch von Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen voran zu bringen. Langfristig entstehen da Beziehungen, die mir geholfen haben, auch mal durch eine andere Brille auf die Welt zu schauen und anderen Menschen besser zu verstehen. Da ist der Freiwilligendienst ein wichtiger Anstoß und kann in sozialer und kultureller Hinsicht sehr nachhaltig sein. Dafür sollte ich mich aber fragen, welche Auswirkungen meine Entscheidungen und mein Handeln auf den Rest der Welt haben.
 

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Was wirst du auf deiner nächsten Reise ändern?


Johanna: Auch wenn mich das Fernweh packt, will ich der Versuchung widerstehen, für ein paar Wochen irgendwohin zu fliegen. Egal, wie bewusst ich mein Leben ansonsten gestalte, ob ich gebraucht kaufe statt neu, ob ich mich vegan ernähre, ob ich nur wenig heize, ist es kaum möglich, die Auswirkungen von Flugreisen auszugleichen. Außerdem möchte ich weniger Sehenswürdigkeiten abklappern. Lieber möchte ich längere Zeit an einem Ort bleiben, um die Gegend, in der ich reise, ein bisschen besser zu verstehen.