simone fischer

war 2013 Freiwillige in Bogotá, Kolumbien

Portrait von Eva Richter

„Imagining Africa's Futures“

kulturweit-Alumna Simone Fischer hat als einzige internationale Teilnehmerin an der Konferenz „Imagining Africa's Futures“ in Libreville, Gabun teilgenommen.

Teilnehmer*innen der Konferenz "Laboratories of the New World / Young People Imagine Libreville, a Pacific and Sustainable City, To The Horizon 2050" die Armbänder, die sich viele Teilnehmer*innen haben machen lassen, mit dem Gruppennamen „Nzakunenga“

Libreville ist eine Hauptstadt und Gabun ein Land, das nicht viele Menschen auf der Weltkarte finden werden. Die Bevölkerung des afrikanischen Landes am Äquator, das zwar flächenmäßig größer als Großbritannien ist, umfasst nur 2 Millionen Einwohner*innen. Diese sind im Schnitt gerade einmal Anfang 20. Die jungen Gabuner*innen sind daher sprichwörtlich der Schlüssel zur Zukunft des Landes. Wie stellen sich junge Gabuner*innen ihre eigene Zukunft vor, wie die ihres Landes? Und welche Annahmen liegen diesen Vorstellungen zugrunde, wie können aus Visionen Taten werden? Dies war das Thema der UNESCO-Veranstaltung „Laboratories of the New World / Young People Imagine Libreville, a Pacific and Sustainable City, To The Horizon 2050“ vom 9. bis 13. Dezember 2019.

„Futures Literacy“ – junge Visionen

Die UNESCO-Veranstaltungsreihe "Imagining Africa's Futures“ läuft seit 2017. Sie soll zu den Zielen und Visionen der Agenda 2063 der Afrikanischen Union und der Agenda 2030 der Vereinten Nationen beitragen, damit möglichst viele afrikanische Akteure über die Zukunft Afrikas nachdenken und damit ihre Zukunft aktiv gestalten. Die UNESCO nutzt dazu das Instrument „Futures Literacy“, um die Fähigkeit der Vorstellung der Zukunft als Handlungswerkzeug für das Heute zu entdecken und umzusetzen. Der Workshop in Gabun lief damit auch unter dem Titel „Futures Literacy Laboratories“ und testete „Futures Literacy“ mit jungen Gabuner*innen. Ziel war, Handlungsideen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu entwerfen, die als Orientierung für die Politik dienen können. So wurde der Workshop in Gabun neben dem UNESCO-Büro Libreville und der gabunischen UNESCO-Nationalkommission durch den Bürgermeister der Stadt unterstützt.

Das UNESCO-Büro in Libreville hatte 30 junge Teilnehmer*innen zwischen 18 und 35 Jahren mit unterschiedlichen Hintergründen aus den sechs verschiedenen Stadtvierteln Librevilles ausgewählt. Damit wurde ein besonders breites Spektrum der gabunischen Jugend abgedeckt und interdisziplinäres Zusammenarbeiten ermöglicht. Unter den Teilnehmer*innen waren für Gabun ungewöhnliche berufliche Hintergründe vertreten. So war beispielsweise ein gabunischer Landwirt dabei, obwohl in Gabun eher wenig Landwirtschaft betrieben wird und viele Lebensmittel aus dem Nachbarland Kamerun oder aus Frankreich stammen. Ebenso ein Künstler, eine Bühnenbildnerin, drei Architekt*innen – obwohl sich an der Universität Libreville keine gestalterischen Studiengänge belegen lassen und die moderne Kunst- und Kulturszene verhältnismäßig klein ist. Auf diese Weise kamen Visionär*innen und innovativ denkende junge Menschen zusammen.

Handlungsziele entwerfen

Vor der eigentlichen Veranstaltung wurde den Teilnehmer*innen an drei Tagen der Ablauf sowie die Methode der Futures Literacy erläutert und Teambuilding ermöglicht. Während der Veranstaltung selbst bearbeiteten die Teilnehmer*innen in Kleingruppen eine Vielzahl von Hypothesen der Zukunft, um neue Lösungen für Probleme zu finden und Handlungsziele für das Heute zu entwerfen. Die Stimmung während der Konferenz war voller Energie. Von früh morgens bis spät abends wurde intensiv über die Anliegen der Gesellschaft und der Jugend diskutiert, während und außerhalb der Konferenzformate. Dabei standen vor allem die Themen der Wohnungsnot, und der Zugang zu Trinkwasser und Elektrizität im Vordergrund. Aber auch Themen wie Naturschutz, Tourismus und die Verbindung zwischen Tradition und Moderne wurden vielfach diskutiert.

Spagat zwischen Tradition und Moderne

Die Landschaft Gabuns ist größtenteils von Regenwald und Küstenlandschaften geprägt. Fragen mit Blick auf die Zukunft drehten sich häufig um die Nutzung des Waldes als Ressource und um seine Bedeutung als kulturelles Gut. Derzeit leben im Land über 40 verschiedene Bevölkerungsgruppen. Französisch wurde von vielen Teilnehmer*innen nur als Zweitsprache gesprochen. Der Spagat zwischen Tradition und Moderne war ebenso Thema vieler Gruppendiskussionen. So ist zum Beispiel der Rückgriff auf traditionelle Medizin Alltag für viele Teilnehmer*innen. So kam es zu Ideen wie der Errichtung eines traditionellen Krankenhauses, das westliche Ideen aufgreift aber auch mit traditioneller gabunischer Medizin arbeitet. Auch der Einfluss ausländischer Konzerne in der Erdöl-, Holz- und Wasserindustrie sowie der Fischerei wurden immer wieder angesprochen. Viele der Teilnehmenden stellen sich eine Zukunft Gabuns selbstbestimmter und mit mehr lokalen Initiativen vor.

Gabun wird derzeit nur sehr selten von ausländischen Tourist*innen besucht. Für zwei Teilnehmer*innen aus der Tourismusbranche ist die Zukunft Gabuns mit Blick auf Tourismus daher durch nachhaltiges Reisen bestimmt – respektvoller Umgang mit indigenen Kulturen, Ökotourismus, keine Umweltverschmutzungen durch Besucher*innen. Viele Teilnehmer*innen betrachteten es als gesetzt, dass Gabuns Hauptstadt Libreville in Zukunft die grünste Stadt Afrikas werden soll. Dabei kam es während der Diskussionen immer wieder zum Austausch über die Außensicht von Simone – welche Themen es sind, die die deutsche/europäische Jugend beschäftigen und welche Vorstellungen davon denkbar für Libreville sind.

Gemeinsam für die Zukunft

Am Ende lässt sich sagen, dass es neben vielen Themen, die sehr speziell auf Libreville zutreffen, viele Themen gab, die sich kaum von ihren Vorstellung der Zukunft und der Vorstellung der Jugend in Libreville unterscheiden. Die Ergebnisse des Workshops in Libreville wurden direkt dem Rathaus der Stadt Libreville vorgelegt. Die Gruppe in Libreville trifft sich weiterhin regelmäßig um weiter an möglichen Handlungsoptionen zu arbeiten als Botschafter*innen und das Konzept der „Future Literacy“ bald an andere junge Leute weiter zu geben. Auch an der Biennale 2021 in Luanda, Angola, sollen Vertreter*innen der Gruppe teilnehmen und auch in Kamerun sollen bald ähnliche Workshops stattfinden.

Simone studiert Ökologie und Umweltplanung in Berlin. Sie war 2013 kulturweit-Freiwillige an einer Schule in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá und hat im Anschluss an mehreren Weiterbildungen im Alumni-Programm teilgenommen.

Fotos der Veranstaltung