Simone

Freiwillige in Bogotá, Kolumbien

Portrait von Eva Richter

#SuchdasWeite mit Simone

Autofahren lernen im Linksverkehr, Sprachbrücken bauen in Izmir und mit dem Rennrad durch Bogotá: Drei ehemalige kulturweit-Freiwillige berichten über ihre größten Herausforderungen. Im Folgenden gibt es einen Einblick in Simones Erfahrungen aus einem Jahr als Freiwillige in Bogotá, Kolumbien.

2013 war Simone Fischer für ein Jahr lang Freiwillige in einer Schule in Bogotá, Kolumbien. Eigentlich sollten es nur sechs Monate werden. Doch Land und Menschen schlugen Simone in ihren Bann und aus sechs Monaten wurde ein ganzes Jahr – ein Jahr voller Höhen und Tiefen, Erlebnisse, Erfahrungen und Erkenntnissen, die sie bis heute prägen.

Der Anfang war richtig hart. Gleich in den ersten Wochen erkrankte Simone an Amöben im Trinkwasser. Diese hatten ihr Immunsystem so geschwächt, dass sie in diesen ersten Monaten sämtliche Krankenhäuser Bogotás von innen sah. Aber deswegen aufgeben, abbrechen und zurück nach Deutschland?

Simone hat durchgehalten – vor allem auch, weil sie zu den Menschen und zu Kolumbien insgesamt sofort einen besonderen Draht hatte. So etwas wie Liebe auf den ersten Blick, wenn sowas für Länder und ihre Bewohner existiert: “Ich hatte total viel Glück, was Freunde angeht”, erzählt sie. Am Anfang kannte sie lediglich einen weiteren Volontär. Doch das änderte sich schnell: “Man lernt dort einfach super super schnell Leute kennen. Gleich am ersten Wochenende sind wir auf ein kleines Festival in der Stadt und haben auf der Straße ein paar Kolumbianer kennengelernt und sind mit ihnen ein Bier trinken gegangen. In der Bar sind wir dann sofort mit anderen Einheimischen ins Gespräch gekommen. Alle waren total offen und herzlich”, erzählt sie. 

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Darauf wurde sie gleich auf die nächste Hausparty eingeladen. “Dort habe ich wieder neue Leute kennengelernt.” Bestens vernetzt fiel es ihr leicht, die Stadt in ihren verschiedenen Facetten per Rennrad zu erkunden. Schnell war sie fasziniert von Bogotá, einer Stadt, die in Europa eher mit einer hohen Kriminalitätsrate assoziiert wird als mit ihrer lebendigen Kulturszene. Ihre Einsatzstelle war zunächst eine Deutsche Schule in Bogotá. Dort konnten die meisten Schüler*innen bereits sehr gut Deutsch, ihr Einsatzfeld fühlte sich sehr beschränkt an und auch mit der Schulleitung wurde sie noch nicht richtig warm. kulturweit hat kurzfristig einen Schulwechsel möglich gemacht. Die neue Schule lag zwar deutlich außerhalb von Bogotá, doch ihre Tätigkeiten dort füllten sie komplett aus. Hier hatte sie mehr Verantwortung, konnte intensiver mit den Schüler*innen arbeiten und durfte sogar eigene Unterrichtsstunden halten. 

"Dort habe ich gleich wieder neue Leute kennengelernt." Bestens vernetzt fiel es ihr leichter die Stadt in ihren verschiedenen Facetten zu entdecken.

Einziger Nachteil am neuen Arbeitsplatz: der Schulweg. Von der Bushaltestelle in Bogotá ging es jeden Tag um 5 Uhr morgens unter Schieben und Quetschen stadtauswärts. Dann umsteigen in einen Kleinbus und schließlich in den Schulbus, in dem sie Morgen für Morgen mit den Schülern trashige Reggaeton-Schnulzen schmetterte. 

“Die wahrscheinlich krasseste Erfahrung hatte ich allerdings in meiner Freizeit”, sagt Simone und berichtet von ihrem Trip ins Hochgebirge während der Schulferien. Zusammen mit ihrer besten kolumbianischen Freundin bestieg sie einen über 5000 Meter hohen Gletscher. “Wir sind nachts mit dem Bus aufgebrochen und dachten, es wird eine entspannte Wanderung. Als es dann losging, hat uns unser Bergführer komplett mit Helm und Eispickel eingekleidet.” Der Lohn der schweißtreibenden Tour durch schneidend dünne Luft war nicht nur ein phänomenaler Blick bis nach Venezuela, sondern auch eine neue Leidenschaft: Simone plant bereits die Besteigung eines 6000ers.

Im Nachhinein beurteilt sie das Jahr als echten Gewinn. “Nach dem Abi”, erklärt sie, “war es unglaublich wichtig, mir Druck zu nehmen und nicht gleich los studieren zu müssen. In meiner Zeit mit kulturweit habe ich erst verstanden, was ich wirklich kann, und für was ich mich interessiere”. Vermutlich wäre sie in einem ganz anderen Studiengang gelandet, hätte vielleicht etwas mit Kultur studiert: “Ich dachte eigentlich immer, ich sei furchtbar schlecht in Naturwissenschaften. Während der Zeit im Ausland habe ich aber dann mein Interesse an der Natur und ökologischen Fragestellungen entdeckt”, erklärt sie.

Heute studiert Simone Ökologie und Umweltplanung an der Technischen Universität Berlin und ist für kulturweit aktiv. Wenn sie nicht gerade die Welt bereist. Ihr nächster Trip? Klar: Kolumbien. Für ein dreimonatiges Praktikum ist Simone gerade als Guardaparque Voluntario (Freiwillige Parkrangerin) mit den Parques Nacionales de Colombia (kolumbianische Nationalparks) in der Region Putumayo im Nationalpark La Paya.

Heute studiert Simone Ökologie und Umweltplanung an der Technischen Universität Berlin und engagiert sich nach wie vor für kulturweit.

© Deutsche UNESCO-Kommission / Fotograf: Norman Konrad