Die politische Komplexität des Nahostkonflikts
Die Hälfte des interkulturellen Kuchens ist gegessen. Satt bin ich noch lange nicht, und das Verdauen wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Nunmehr bald fünf Monate schon lebe ich ein neues Leben hier in der Westbank, genauer gesagt in Bethlehem. Meine kulturweit-Einsatzstelle ist die Talitha Kumi School, eine private, kirchlich getragene PASCH-Schule auf dem Bergkamm Beit Jalas, Bethlehems vorwiegend christlicher Nachbarstadt. Die Schule blickt auf eine sehr lange Geschichte zurück: Sie nahm ihren Anfang in Jerusalem und ist mittlerweile eine in der gesamten Westbank sehr bekannte und angesehene Bildungseinrichtung. Das Besondere an ihr ist ihre Lage: Wir müssen durch ein Tor, welches sich auf dem palästinensisch "vollautonomen" (der Begriff ist leider mit Vorsicht zu genießen) A-Sektor auftut, und ein, dem israelisch kontrollierten C-Sektor hingewandtes Tor, das quasi unseren "eigenen Checkpoint" bildet. Das der Schule angeschlossene Guesthouse ist eine wichtige Einnahmequelle für die Bildungsinstitution und bietet israelisch-palästinensischen Seminargruppen, z.B. NGOs, einen seltenen Treffpunkt in dieser politischen Komplexität des Nahostkonflikts.
Es ist eine höchst spannende Arbeit
Die Schule hat verschiedene Sektionen, in denen wir Volontäre tätig sind. Meine Arbeitsbereiche sind:
Das Mädcheninternat – größtenteils für Mädchen mit schwierigem Familienhintergrund eingerichtet. Jeden Arbeitstag mache ich dort die Hausaufgabenbetreuung und jeden Sonntag haben wir eine Bastelwerkstatt, mit deren Produktion sich das Internat einen kleinen Nebenverdienst erwerben möchte.
Die Schule – Ich bin im DAF-Bereich eingesetzt und assistiere bei den Klassenjahrgängen 2-11. In einigen Gruppen führe ich parallel zum Unterricht Nachholunterricht durch oder mache Einzelbetreuung wie bei Lara, einer blinden Schülerin. Es ist eine höchst spannende Arbeit, bei der man sich viel einsetzen muss und einiges von seinen Schüler*innen zurückbekommt.
Das Klavier – Ich habe derzeit 11 Klavierschüler*innen. Wir haben in Talitha ein groß angelegtes Musikprojekt mit Blasinstrumenten, Geigen und Flöten. Das schafft ein schönes Miteinander unter uns "Musiker*innen" der Schule. Zu Weihnachten führten wir gemeinsam mit unseren Schülerinnen ein Konzert auf.
Die Theater-AG – In der deutschsprachigen Theater-AG bin ich mit einer deutschen Lehrerin mit dem Erarbeiten eines Stückes beschäftigt, das den Konflikt aus Sicht der Schüler*innen zum Kirchentag 2011 in Deutschland auf die Bühne bringen soll. Die Schülerinnen sind motiviert, wir Leiter*innen sind es auch!
Die Mediation/Pausenbetreuung – Parallel zur an unserer Schule angebotenen Mediationsschulung und Friedenserziehung, die von meiner "Zweitmentorin" durchgeführt wird, mache ich mit einem palästinensischen Freund in der großen Pause mit den Klassen 4-6 ein Spielangebot, das eine Alternative zum Sich-Schlagen bieten soll.