SteinbruchundStreichelzoo
Mit kulturweit in Brno. Amelie Keller verbringt zwölf Monate in der tschechischen Stadt Brno. Als kulturweit-Freiwillige unterstützt sie zwölf Monate lang den Deutschunterricht am Gymnázium Křenová.
Seit sechs Monaten bin ich jetzt schon in Brno, Tschechien. Brno, das bedeutet für mich inzwischen nicht mehr nur die zweitgrößte Stadt Tschechiens, sondern bunte Häuser im Jugendstil, einladende Cafés an jeder Ecke, klingelnde Straßenbahnen oder Šalinas, wie sie hier heißen, Marktstände, die je nach Jahreszeit verschiedene Sachen verkaufen, zahlreiche sehenswerte Museen von der Roma-Kultur über Feuerwerksausstellungen bis hin zur Stadtgeschichte und hippe Bars voller Student*innen sowieso, Student*innen überall, die der Stadt ihren ganz eigenen Charme verleihen.
Und wenn mir das Stadtleben doch einmal zu viel wird, dann setze ich mich in die Šalina, fahre zum Steinbruch und genieße den großartigen Ausblick oder wandle auf den verlassenen Gleisen alter Zuglinien entlang des Flusses bis zum Streichelzoo. Alleine hätte ich die Stadt wohl nie so kennen und lieben gelernt. Das habe ich meiner Einsatzstelle und vor allem den vielen wunderbaren Menschen zu verdanken, die ich hier kennengelernt habe und inzwischen zu meinen Freund*innen zählen darf.
Aufgrund all dieser Menschen und der spannenden und abwechslungsreichen Arbeit an meiner Einsatzstelle, wird es mir umso schwerer fallen, mich im Sommer schon wieder von meinem zweiten zu Hause zu verabschieden.
„Warum gehst du denn in die Tschechei?“
Mit dieser Frage wurde ich regelmäßig konfrontiert, als ich verkündete, ab September ein Jahr lang ein Freiwilliges Soziales Jahr in der tschechischen Stadt Brno zu machen. Darauf hatte ich zwei Antworten - erstens: Das heißt Tschechien und zweitens: Warum nicht? Für manche mag ein Auslandsjahr in einem Nachbarland langweilig klingen, für mich hatte gerade die enge geschichtliche und kulturelle Verbundenheit zu Deutschland seinen Reiz. Denn mal ehrlich, wie viel wissen wir wirklich über Tschechien, außer, dass es gutes Bier gibt?
Die nächste Frage, die mir oft gestellt wurde war: „Und was machst du da?“ Darauf kann ich voller Stolz antworten: Jede Menge! An meiner Einsatzstelle, dem Gymnázium Křenová in Brno, gab es für mich ab der ersten Sekunde jede Menge zu tun. Ich durfte im Unterricht unterstützen, Projekte, zum Beispiel zur Bundespräsidentenwahl oder eine Schulzeitung, vorbereiten und umsetzen und bei der Vorbereitung auf Jugend debattiert und die DSDII-Prüfung helfen.
„Ist das alleine nicht schwierig?“, fragten manche auch.
Ja, es ist schwierig, in ein fremdes Land zu kommen, dessen Sprache man nicht spricht und in dem man niemanden kennt.
Es gab schwierige Situationen. Momente in denen ich Heimweh hatte oder auf Hindernisse gestoßen bin.
Von einer dieser Schwierigkeiten möchte ich auch kurz erzählen. In einer der Klassen, die ich unterstützte, war sofort klar: Deutsch ist hier unbeliebt. Nach ein paar Wochen war ich kurz davor, hinzuschmeißen.
Ich habe dennoch weitergemacht und was soll ich sagen?
Es hat sich gelohnt.
Irgendwann hat sich die Stimmung zum Positiven geändert und ich habe gemerkt, dass es sich lohnt, dranzubleiben und an den Schwierigkeiten zu arbeiten. Und ganz alleine bin ich ja auch nicht. Ich habe in den Schüler*innen, Tschech*innen und in anderen Freiwilligen tolle Freund*innen gefunden und hoffe, dass diese Freundschaften auch in Zukunft bestehen bleiben.
„Warum lernst du Tschechisch?“, wurde ich vor allem von Tschech*innen gefragt. Erstens, weil ich muss und zweitens, weil ich will. Ich will mich mit den Menschen hier in ihrer Muttersprache verständigen, schließlich bringe ich ihnen auch meine bei.
„Hat das Jahr etwas genützt?“
Diese Frage stelle ich mir wohl selbst am meisten. War ich der Schule eine Hilfe? Ich hoffe es und die Wertschätzung, die ich hier erfahren habe, stimmt mich positiv, dass nicht nur ich etwas aus dem Jahr mitnehmen konnte.
Denn, auf die Frage „Wie war’s?“, kann ich nur sagen: Großartig!
Warum? Meine Antwort besteht aus ganz vielen verschiedenen Dingen, die dieses Jahr alle zu etwas Besonderem gemacht haben. Zunächst die Menschen die ich kennenlernen durfte und die mich mit einer unglaublichen Offenheit aufgenommen haben, von der ich mir eine Scheibe abschneiden möchte. All das, was ich über Tschechien gelernt habe.
In Zukunft werde ich eine ganze Reihe an Erklärungen liefern können, warum wir Deutschen uns mehr mit unserem Nachbarn beschäftigen sollten.