Zwischen Klassen-zimmer undGroßstadttrubel
David hat mit kulturweit sechs Monate an der Delhi Public School in Indien verbracht und dort den Deutschunterricht unterstützt. Neben spannenden Einblicken in das indische Schulsystem erlebte er die Vielfalt des Landes hautnah – von den Straßen Delhis bis zu Reisen quer durch den Subkontinent. Sein Fazit: Wer die Chance auf ein FSJ mit kulturweit hat, sollte sie unbedingt ergreifen!
Indien. Was hatte ich je mit Indien zu tun gehabt? Was wissen die meisten Menschen hier in Deutschland über das mit 1,4 Milliarden Einwohner*innen bevölkerungsreichste Land der Welt, das achtmal so groß wie unser Land ist? Praktisch nichts! So ging es auch mir - und deswegen reizte mich das Angebot von kulturweit, ein halbes Jahr dort zu verbringen. Im Nachhinein kann ich sagen: Was für ein Glück!
Service before Self - Der Dienst (an der Gemeinschaft) vor dem Eigeninteresse. So könnte man das Motto der Dehli Public School, frei ins Deutsche übersetzen. Die Schule ist in Gurugram, einer Stadt, etwa 25 Kilometer von Delhi entfernt. Dort durfte ich sechs Monate als Assistenz im Deutschunterricht verbringen.
Bei meiner Ankunft in der Schule empfing mich Pooja, eine Deutschlehrerin und meine Ansprechpartnerin. Sie zeigte mir die Schule und stellte mich den anderen Lehrkräften vor.
Der Unterricht begann jeden Tag um 9 Uhr und dauerte bis 14:10 Uhr. Gelegentlich gab es auch Unterricht am Samstag. In den ersten Tagen machte mich Pooja mit dem Schulalltag vertraut, der sich in einigen Aspekten von dem in Deutschland unterscheidet. Das Tragen von Schuluniformen war für mich beispielsweise ein neuer Anblick. Auch Repräsentanten des Militärs wurden hin und wieder zu Vorträgen eingeladen, was für mich sehr befremdlich war. In der darauffolgenden Zeit begleitete ich die Deutschlehrerinnen der Schule (das Kollegium war überwiegend weiblich) in unterschiedliche Klassen der Unter-, Mittel-, und Oberstufe. In der Dehli Public School werden Schüler*innen von der 4. bis zur 12. Klasse zusammen unterrichtet. Nach einigen Wochen ging ich meistens mit einer Lehrerin für die Mittelstufe in die Klassen 6, 7 und 8. Dort durfte ich nicht nur bei der Unterrichts- und Prüfungsvorbereitung helfen, sondern sogarselbstständig Unterrichtseinheiten durchführen Was mir zunächst noch sehr schwerfiel, wurde mit der Zeit jedoch immer einfacher und schließlich zur Routine . Von Anfang an wurde ich ganz selbstverständlich wie ein Mitglied des Kollegiums behandelt. Schüler*innen und Lehrkräfte begegneten mir freundlich und respektvoll, was es mir sehr erleichterte, auch mental in Indien anzukommen und mich schnell an Land und Leute zu gewöhnen.
Abseits meiner Arbeit gab es ebenfalls viel zu entdecken; Gurugram ist eine von mehreren Satellitenstädten der so genannten National Capital Region. Diese umfasst die Hauptstadt sowie angrenzende Distrikte in den Bundesstaaten Haryana, Rajasthan und Uttar Pradesh. Allein diese National Capital Region bietet 45 Millionen Menschen ein Zuhause.
Gurugram ist mit Delhi durch eine Metro verbunden, womit sich mir die Möglichkeit eröffnete, nach getaner Arbeit nach Lust und Laune die Hauptstadt mit all ihren Facetten zu erkunden. Und davon gab es recht viele: Ob Kulturdenkmäler wie das Rote Ford, das bunte Treiben auf den Märkten der Altstadt - ja sogar das queere Leben war deutlich ausgeprägter, als ich es mir anfangs vorgestellt hatte. So fanden zum Beispiel regelmäßig Drag-Shows statt, die ich mit großer Freude besuchte.
Ein besonderes Highlight war für mich auch der Besuch des Christopher Street Days, bei dem ich nicht nur tolle Menschen kennenlernen durfte, sondern auch hautnah mitbekam, wie vielfältig das Leben der LGBTQIA-Community in Indien ist.
Ein weiterer, für mich wichtiger Aspekt meiner Zeit in Indien waren definitiv die Reisen, die ich unternommen habe. Da ich vor Neugier auf das Land fast explodierte, unternahm ich während eines großen Teils meiner Freizeit Ausflüge und Reisen in alle Himmelsrichtungen. Von Jaisalmer im Westen bis Kalkutta im Osten, von Rishikesh im Norden bis Kovalam an der südlichsten Spitze des indischen Subkontinents kostete ich meine Freiheit, zu tun und lassen, was ich wollte, voll aus. Vor allem mein Silvester in Goa wird mir in sehr glücklicher Erinnerung bleiben. Es war wunderbar, sich einfach dem Lebensfluss des Landes anzupassen und auf Menschen, die ich nicht kannte, mit einem Lächeln und offenen Ohren zuzugehen. Dies fiel mir definitiv leichter als in Deutschland, wobei ich mir vornehme, dies auch hier stärker zu versuchen. In Indien sind dadurch jedenfalls wertvolle Freundschaften entstanden.
Dies ist nur ein kurzer Abriss meiner zahlreichen Erfahrungen, der jedoch hoffentlich einen kleinen Blick in mein Leben in Indien gewährt.
Falls du auch darüber nachdenkst, ein FSJ mit kulturweit zu machen, kann ich dir nur raten: Mach es einfach. An diese Erweiterung meines persönlichen Horizontes werde ich auch noch in vielen Jahren mit Freude denken.